Erweiterung und Instandsetzung des HRB Straußfurt

Das Hochwasserrückhaltebecken (HRB) Straußfurt schützt seit mehr als 60 Jahren die Unterlieger der Unstrut in Thüringen und Sachsen-Anhalt, darunter sind die Orte Sömmerda, Artern, Roßleben sowie Laucha und Freyburg. Auch bei einem technischen Bauwerk wie diesem stehen nach einigen Jahrzehnten Instandsetzungs- und Modernisierungsmaßnahmen an. Der Freistaat Thüringen sieht im Zuge der Sanierung verschiedener technischer Einrichtungen der Stauanlage eine Erweiterung des Hochwasserrückhaltes um rund zehn Millionen Kubikmeter vor.

Arbeiten am Nebendamm, Foto: TFW/Barthel

Bisherige Hochwasserereignisse sehr gut gehalten

Das HRB dämpft abfließende Hochwasserwellen, indem es Wassermengen aus den Einzugsgebieten von Unstrut und Gera mit einer Fläche von 2044 Quadratkilometern zwischenspeichert. Bei den Hochwässern 1961, 1981, 1994, 2003 und 2013 mit Zuflüssen von bis zu 280 Kubikmeter pro Sekunde konnten durch den dafür in der Betriebsvorschrift festgelegten Betrieb des HRB Straußfurt die Schäden unterhalb des HRB in und an der Unstrut sowie an Siedlungen und Infrastrukturanlagen auf ein Minimum reduziert werden.

Nationales Hochwasserschutzprogramm

In weiten Teilen wurden Flüsse im Thüringer Becken durch Begradigung und Eindeichung in ihrer natürlichen Ausbreitung bei Hochwasser gehindert. An vielen Deichabschnitten besteht dringender Sanierungsbedarf. Das Thüringer Landesamt für Umwelt, Bergbau und Naturschutz (TLUBN) entwickelte ein Hochwasserschutzkonzept Unstrut und untersuchte in dem Zusammenhang verschiedene Varianten. Zwei Drittel aller Hochwasserschutzanlagen des Deichsystems im Freistaat liegen im Thüringer Becken. Die Ergebnisse zeigten, dass die Vergrößerung des Speichervolumens am HRB Straußfurt unabhängig von der später umzusetzenden Variante der Deichsanierung wichtig war, um den Hochwasserschutz effizient abzusichern. Zusätzlicher Stauraum sollte bei der ohnehin notwendigen partiellen Anpassung der Stauanlage an aktuelle Regelwerke einfließen. Das HRB Straußfurt soll künftig in einem größeren Maße überregional den Hochwasserscheitel der Unstrut mindern und so die Ausuferungen und Schäden im Unterlauf reduzieren.

Ausblick: Vergrößerung des Hochwasserrückhalts

Das Rückhaltebecken wurde für die damals zu erwartenden Spitzenwerte von 400 Kubikmeter in der Sekunde geplant und errichtet. Klimawandel, Veränderungen und Begradigungen des Flusslaufs führen heute zur Verdopplung der Bemessungsgrundlage auf 793 Kubikmeter pro Sekunde. Für die Vergrößerung des Speichervolumens des HRB Straußfurt wurde durch eine Studie im Jahr 2020 die grundsätzliche Machbarkeit bestätigt. Unter den bautechnischen Maßnahmen sind beispielsweise der Ersatzneubau des Abschlussbauwerkes sowie die Anpassung der Hochwasserentlastungsanlage und der vorhandenen Dammbauwerke. Vorrang bei allen Planungen hat die durchgängige Funktion der Hochwasserschutzanlage während der Bauphasen. Im Jahr 2022 werden die notwendigen Planungen für das Generationenprojekt europaweit ausgeschrieben und beauftragt. Der weitere Zeitplan sieht die Einreichung zur Genehmigung im Herbst 2024 vor, sodass die notwendigen baulichen Veränderungen und Ergänzungen ab dem Jahr 2027 beginnen könnten. Nach derzeitigem Terminplan geht die TFW von einem Abschluss aller Maßnahmen im Jahr 2034 aus.

Maßnahmen rund um das Hochwasserrückhaltebecken

Planungen
Baumaßnahmen am HRB Straußfurt, Foto: TFW/Hogh

Im Frühjahr 2022 begann der EU-weite mehrstufige Planungswettbewerb zur Erweiterung und Instandsetzung am HRB Straußfurt. Alle vier
zu vergebenden Planungslose wurden Ende des Jahres 2022 vertraglich gebunden. Die Planungsleistungen für Los 1 „Objektplanung Ingenieurbauwerke“,
Los 2 „Tragwerksplanung“ und Los 3 „Umweltfachplanung“ werden durch die Ingenieurgemeinschaft Tractebel Hydroprojekt GmbH aus Weimar und INROS
LACKNER SE aus Dresden erbracht. Das Los 4 „Fachplanung EMSR“ erhielt die CT-Planungsgesellschaft mbH aus Erfurt. Die erfahrenen regionalen Vertragspartner befinden sich seitdem im Planungsprozess. Für die Massivbauwerke, wie beispielsweise die Hochwasserentlastungsanlage, wurden Betonkerne zur labortechnischen Untersuchung entnommen. Die Untersuchungen sollen Klarheit über die stoffliche Zusammensetzung bringen. Denn nur mit dem Wissen über die Materialverträglichkeiten können mögliche Instandsetzungsvarianten geplant werden. Im März 2023 wurden die floristischen und faunistischen Erhebungen beauftragt. Diese Kartierleistungen wurden in acht Losen ausgeschrieben und sind elementar für den Genehmigungsprozess. Sie werden bis voraussichtlich Ende 2023 vorgenommen. Im April 2023 hat die Thüringer Fernwasserversorgung (TFW) den formellen Antrag zur Einleitung des Scopingverfahrens beim Thüringer Landesamt für Umwelt, Bergbau und Naturschutz (TLUBN) gestellt. Am 29. Juni 2023 erfolgte der Termin.

Schöpfwerk Henschleben I

Das Schöpfwerk Henschleben entwässert die Ortslage Henschleben. Der Beton des Einlaufbauwerkes wies Rissbildungen auf, die Tragkonstruktion Korrosion. Die Sanierungsarbeiten wurden im Jahr 2019 durchgeführt und abgeschlossen. Der verlandete Mahlbusen wurde bereits 2018 beräumt und neu befestigt.

Nebendamm ist überströmbar
Geosynthetische Betonmatten, Foto: TFW/Barthel

Durch die Errichtung des überströmbaren Nebendamms ist eine Flutung des Hochwasserschutzraumes ohne menschliches Agieren möglich. Im Ergebnis der Planung wurde eine Dammscharte mit kohärentem Deckwerk mittels geosynthetischen Betonmatten zur Herstellung der Überströmbarkeit des Nebendammes als Vorzugsvariante gewählt. Die Flächeninanspruchnahme dieser Variante ist durch die steilere Neigung geringer als bei alternativen Varianten. Geosynthetische Betonmatten können sehr hohen hydraulischen Belastungen standhalten. Der Herstellungsaufwand – gemessen an Bauzeit und -kosten – ist gering. Um eine Erosion des Dammkörpers zu verhindern, muss die Dammscharte mit Zulaufbereich und Schussrinne an der luftseitigen Dammböschung befestigt sein. Der Schussrinne wird nachstehend eine Energieumwandlungsanlage angeordnet. Dadurch wird der schießende Abfluss in strömenden Abfluss überführt und überschüssige kinetische Energie dissipiert.

Ersatzneubau der Unstrutbrücke Henschleben
Die neue Unstrutbrücke, Foto: TFW/Bauerschmidt

Die in den 1950er Jahren errichtete Brücke von Henschleben in das Hochwasserschutzgebiet entsprach in ihrem Bauzustand nicht mehr den Erfordernissen für eine entsprechende Belastung und war deshalb nur noch tonnagebegrenzt nutzbar. Sie dient der Erreichbarkeit des Hochwasserschutzraumes, des Nebendammes und des Pumpwerkes Henschleben II. Die gesamte Baumaßnahme war durch das Zeitfenster des Anstaus und Abstaus des Hochwasserrückhaltebeckens Straußfurt vorgegeben und erfolgte im Jahr 2019.

Schutzdamm Henschleben
Gesetzte Wellenumlenker am Schutzdamm Henschleben, Foto: TFW/Hogh

Für einen regelkonformen Hochwasserschutz der Ortslage wurden im Jahr 2023 auf einer Länge von rund 700 Metern Wellenumlenker entlang des bestehenden Schutzdammes gesetzt und die Dammkrone baulich angepasst. Mit den Wellenumlenkern wird die Dammkrone im Mittel um einen Meter erhöht. Die Gefahren durch Hochwässer mit sechs Meter Pegel Null, was einer Erhöhung des Stauziels um einen Meter entspricht, und Windwellen nach den allgemein anerkannten Regeln der Technik werden beherrscht. Die angedachte Erweiterung des Hochwasserschutzraumes wurde bei der baulichen Umsetzung bereits berücksichtigt.

Abschlussbauwerk
Abschlussbauwerk, Foto: TFW/Bauerschmidt

Das Abschlussbauwerk ist Bestandteil des Hauptdammes und befindet sich im Gewässerbett der Unstrut. Aufgrund der vorhandenen Schäden ist das Abschlussbauwerk nicht sanierungsfähig. Für das Bauwerk ist ein Ersatzneubau vorgesehen. In dem Zuge werden die Betriebseinrichtungen komplett erneuert (inklusive Stahlwasserbau, Mess- und Regeltechnik sowie Stromversorgung).

Hauptdamm

Der südliche Teil des Hauptdamms soll auf das gleiche Höhenniveau wie der nördliche Teil angepasst werden. Der Hauptdamm, der im Osten das Becken umschließt, hat wasserseitig eine Asphaltbetonschutzschicht. Auch diese wird in dem Zuge instand gesetzt.

Schöpfwerk Henschleben II

Das Schöpfwerk Henschleben II wurde im Zuge des Umbaus des HRB Straußfurt auf Teildauerstau in den 1980er Jahren errichtet. Es befördert das in Bächen und Vorflutern anfallende Wasser westlich des Nebendammes in die Unstrut. Hier sind bauliche Anpassungen auf das neue Stauziel und zur Entwässerung des Hochwasserschutzraums II notwendig.

Verlängerung Hauptdamm Süd

Für mehr Sicherheit und Schutz der Unterlieger soll der südliche Hauptdamm verlängert werden. Mit der langlebigen und wartungsarmen Lösung sollen Flutungen von tieferliegenden Bereichen verhindert werden, eine sichere Entwässerungsfunktion eingebunden werden und die Nachweise der Hochwassersicherheit und der Zuverlässigkeit des Bauwerks erbracht werden.

Schutzdamm Schwerstedt

Um die Ortschaft Schwerstedt vor Flutungen im Hochwasserfall mit Einstau des vorgesehenen Hochwasserschutzraumes zu schützen, wird ein Schutzdamm im geplanten Hochwasserschutzraum errichtet. Neben der Schutzfunktion wird eine sichere Entwässerung vorgesehen. Mit dieser werden der Nachweis der Hochwassersicherheit und die Zuverlässigkeitsnachweise erbracht.

Schutzdamm Straußfurt

Zum Schutz der Ortschaft Straußfurt vor Flutungen im Hochwasserfall wird ein Schutzdamm errichtet. Neben der Schutzfunktion wird eine sichere Entwässerung vorgesehen. Der Nachweis der Hochwassersicherheit und die Zuverlässigkeitsnachweise werden in dem Zuge erbracht. Die technische Umsetzung sieht gleichzeitig eine konstruktive Anbindung an die Hochwasserentlastungsanlage des Hochwasserrückhaltebeckens Straußfurt vor.

Schutzdamm Gebesee

Zum Schutz der Gebiete nördlich der Ortschaft Gebesee wird ein überfahrbarer Schutzdamm errichtet. Neben der Schutzfunktion wird eine sichere Entwässerung vorgesehen. Der Nachweis der Hochwassersicherheit und die Zuverlässigkeitsnachweise werden im Zuge der Maßnahme erbracht. Die technische Umsetzung wird mit Blick auf einen langlebigen und wartungsarmen Schutz der Infrastuktur geplant.